FRITZ!App Fon im Material (Re-)Design


27. März 2019

Ich nutze kaum noch Festnetztelefonie. Wo E-Mail und WhatsApp noch nicht übernommen haben, wird mittlerweile mittels Mobilfunk gesprochen. Ab und zu möchte man dann aber doch per Ortsnummer erreichbar sein, wenn der Gegenüber zwar keine Mobilfunk- aber eine Festnetzflat besitzt. Für diese wenigen Male will ich aber kein Telefon im Wohnzimmer herumliegen haben.
Die FRITZ!Boxen bieten die nette Möglichkeit, sein Android- und iOS-Gerät per Wi-Fi und zugehöriger App als Schnurlostelefon zu verwenden. So kann sogar die DECT-Basisstation in der Box deaktiviert werden, was Strom und Strahlung spart.

Einziges Problem dabei: Während die iOS-App im schicken Gewand daherkommt, ist die Android-Variante noch auf Gingerbread-Zeiten (aus dem Jahr 2010!) stehengeblieben. Apples selektiver Prüfungs- und Freigabeprozess dürfte hier wohl den Nutzern zu Gute gekommen sein. Mir ist es unbegreiflich, wie Firmen wie AVM mit Umsatzzahlen von mehreren Millionen Euro und hunderten Mitarbeitern, es offenbar nicht für wichtig erachten ihre Apps ordentlich auf einem aktuellen Stand zu veröffentlichen und vor allem zu halten. Die Fon-App hat laut Play Store immerhin über eine Million Installationen, und damit eine nicht zu vernachlässigende Außenwirkung. Bei jedem Öffnen der App ärgere ich mich über die altbackene Optik.
Daher habe ich mir Gedanken gemacht, wie die App wohl im aktuellen Material-Design aussehen könnte.

Hauptbildschirm

Nach dem Starten der App erwartet einen ein User Interface mit einer zu schmalen Toolbar und vielen skeuomorphistischen Verläufen. Der halbe Bildschirm wird von dem Wählfeld und einer sehr schmalen Nummernanzeige geprägt. In der verbleibenden oberen Hälfte erhält man über drei Buttons mit farbigen Icons – bei denen das mittlere vom Stil der anderen beiden abweicht – Verknüpfungen auf andere Teile der App. Das Bedienkonzept ist verwirrend, da sich hinter Mehr nur erneut zwei Verknüpfungen finden.
In der neuen Variante wird sich hingegen auf das Wesentliche konzentriert: Das Tastenfeld. Die Wahlwiederholung ist zur Rufnummernunterdrückung in die Toolbar gewandert, alle weiteren Möglichkeiten verbergen sich einheitlich im Navigation Drawer, welcher über den vertrauten Hamburger-Button zu erreichen ist.

Navigation Drawer

Der Navigation Drawer bereitet keine große Überraschung: Hier erhält man Zugriff auf die restlichen, sekundären Teile der App. Diese sind in der originalen App über die Startseiten-Verknüpfungen und ein Overflow-Menü in der Toolbar verteilt.
Der Drawer ermöglicht die Gruppierung der einzelnen Punkte in logisch zusammenhängende und nach Wichtigkeit sortierte Blöcke.

Anrufliste

Hier zeigt sich am deutlichsten, aus welcher Zeit die App stammt. Die dunklen, sehr hohen Tabs kollidieren mit dem restlichen in hell gehaltenen Stil der App. Auch sie besitzen den in Gingerbread üblichen Farbverlauf, welcher einen 3D-Effekt vermitteln soll. Man muss sich vor Augen halten: Selbst in der veraltetet Holo-Designsprache von Ende 2011 waren alle Flächen bereits flach gezeichnet.
An der Strukturierung mittels Tabs ist an sich nichts auszusetzen, weshalb sie übernommen wurde. Die Änderungen beschränken sich primär auf die Verschmelzung mit der Toolbar, einem übersichtlicheren Listen-Aufbau sowie modernen, schlanken Icons, mit einer dezenteren Farbgebung.
Den einzelnen Listeneinträgen wurde ein Button für das Overflow-Menü hinzugefügt, so dass sofort erkennbar ist, dass sich hinter dein Einträgen mehrere Aktionen verbergen (Rückruf, Details, etc.), was im Original nicht der Fall ist.

Telefonbuch

Die App bietet sinnvollerweise den Zugriff auf zwei Telefonbücher: Auf das in der FRITZ!Box hinterlegte, und auf das des Gerätes. Das ist allerdings auf den ersten Blick nicht ganz klar. Denn zu den Kontakten des Gerätes kommt man nur umständlich über einen versteckten Eintrag im Overflow-Menü der Toolbar. Das Redesign zeigt hingegen auf den ersten Blick beide Möglichkeiten auf, durch die Aufteilung in zwei Tabs.
Außerdem sind die Listeneinträge unnötig viel zu eng gehalten. Das neue Design gibt den einzelnen Einträgen mehr Platz und macht außerdem durch generische Avatar-Piktogramme deutlich, dass sich Kontakte hinter den Einträgen verbergen.

Einstellungen

Hier halten sich die Änderungen im Rahmen. Letztendlich verbleibt es bei Anpassungen der Typographie, sowie bei dem Austausch der Checkboxen durch Switches, also Schalter.
Auch wenn in der aktuellen Material-Designsprache Checkboxen noch existieren, sind an dieser Stelle Schalter zu bevorzugen. Sie verdeutlichen, dass die einzelnen Punkte unabhängig voneinander anpassbar sind, während aufeinanderfolgende Checkboxen den Eindruck einer Zusammengehörigkeit suggerieren. So als stünde beispielsweise die HD-Telefonie-Option in einem logischen Zusammenhang mit der generellen Rufnummernunterdrückung.

Über FRITZ!Box

Hier besteht ebenfalls wenig Grund zur Änderung. Ähnlich den Einstellungen wurde auf eine aktuelle Typographie gewechselt und ähnlich der Anrufliste zeigen Buttons neben den jeweiligen Listeneinträgen an, wenn sich Aktionen hinter ihnen verbergen.
Im konkreten Fall öffnet ein Klick auf das Icon neben der IP-Adresse den Browser der sich auf sie verbindet. Ein Klick neben den SHA1-Fingerprint kopiert diesen. Beide Aktionen existieren bereits in der aktuellen App, verstecken sich aber unglücklich.

Fazit

Ich hoffe ich konnte anhand des Beispiels der FRITZ!App Fon aufzeigen, dass sich die Android-Plattform und ihre Designsprache über die Jahre deutlich ins Positive verändert hat. Was ich aber ebenfalls ausdrücken wollte: Das bedeutet nicht, dass Entwickler ihre Apps regelmäßig neu gestalten müssen. Die Struktur des Programms, sowie die Bedienelemente blieben weitgehend unverändert erhalten. Nur die Darstellung selbiger musste erneuert werden. Das bedeutet aus Entwicklersicht, dass der Änderungsaufwand definitiv vertretbar ist, wenn man bedenkt welch enorme Steigerung im Nutzungserlebnis dafür gewonnen wird. Auch wenn die Logik im Hintergrund unverändert bleibt, vermittelt ein modernes User Interface Vertrauen in die Qualität.

AVM sieht das aber offenbar leider anders…

Tags :   ·  ·  ·  ·  ·